SC Cham Interaktiv

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Vor anderthalb Jahren wechselte der ehemalige Chamer Junior Bradley Fink vom Nachwuchs des FC Luzern in die U17 der Borussia Dortmund. Inzwischen trainiert und spielt der noch nicht 18-Jährige mit der U-19 der Nordwestfalen und hatte auch schon Gelegenheit, zusammen mit den Profis zu trainieren. Da er seine knappe Freizeit immer wieder auch zu Hause in Knonau verbringt, bot sich auch dieses Jahr die Gelegenheit für ein persönliches Interview.

Drei Wochen Pause hatten die Jungprofis beim BVB dieses Jahr über die Feiertage. Bradley Fink verbrachte diese zu Hause bei seinen Eltern in Knonau. Er legte dabei aber nicht die Hände in den Schoss, sondern hielt sich bewusst fit, um beim Trainingsstart nach Neujahr topfit zum Vereinstraining anzutreten.

Verantwortung für sich und seine Leistung
So verbrachte er vor Weihnachten ein paar Tage in der Lenzerheide, wo er mit einem der wohl erfolgreichsten Schweizer Fussballspieler der letzten Jahrzehnte zusammen trainierte, Stephan Lichtsteiner! Anschliessend absolvierte er wie schon vor einem Jahr praktisch täglich seine Trainingseinheiten bei jeder Witterung auf dem heimischen Eizmoos, natürlich unter konsequenter Einhaltung des Corona-Schutzkonzeptes. Ab und zu war auch bei diesen Terminen der ehemalige Captain der Schweizer Nationalmannschaft vor Ort. Die Trainings standen wie gewohnt unter der Leitung seines Personaltrainers Björn Schulz, mit dem Bradley bereits seit seinem 11. Lebensjahr zusammen trainiert. Zur Optimierung der Sequenzen standen Bradley und sein Personalcoach in engem Kontakt mit dem Athletiktrainer des BVB, Oliver Schumbera.

Gib jedem Tag die Chance, der Beste in deinem Leben zu sein!
Wer Bradley Fink beim Trainieren beobachtet, spürt seinen enormen Willen, seine Leistungsbereitschaft, sein Drang nach Höchstleistung, seine Leidenschaft, aber auch seine Freude und Begeisterung. Zuerst wird gearbeitet, erst dann widmet er sich nach einer kurzen Erholungspause geduldig und freundlich dem Interviewpartner. Auch dabei weiss er zu überzeugen. Die Antworten sind spontan, ehrlich und in hohem Masse reflektiert. Er wirkt selbstbewusst, angenehm bescheiden und für sein Alter sehr reif und erfahren. Auch in dieser Situation macht es Spass, mit dem jungen Talent zusammen zu sein und ihm zuzuhören.

Interview SC Cham – Bradley Fink / Dezember 2020
Wo stehst du nach etwas mehr als 1 ½ Jahren in deiner Entwicklung beim BVB?
Entwicklungstechnisch bin ich in jedem Fall im «Soll». Das Ziel, Profi bei Borussia Dortmund zu werden, ist nach wie vor realistisch. Zwar fehlen uns in diesem Jahr die Spiele, aber man entwickelt sich vor allem in den Trainings und in dem Bereich konnten wir sogar mehr machen und besser arbeiten als während einem normal laufenden Meisterschaftsbetrieb.        

Hat die Pandemiesituation irgendwelche Auswirkungen auf deine Entwicklung?
Wir haben immer versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Den 1. Lockdown habe ich daheim in Knonau verbracht, da wir in der Schweiz immer noch an der frischen Luft Sport treiben durften und nach einiger Zeit ja sogar in 5er Gruppen trainieren, was ich mit meinem ehemaligen FCL Trainer Elvin Bektesevic machen durfte. Dazu kamen Online-Trainings mit dem Athletiktrainer des BVB und Ende Mai wieder das Mannschaftstraining beim BVB. Im Herbst wurde die Meisterschaft zwar nach wenigen Spielen unterbrochen, aber der Verein hat sofort reagiert und die individuelle Förderung vorangetrieben; in meinem Fall durch zwei zusätzliche Einheiten Stürmertraining pro Woche mit meinem Cheftrainer Mike Tullberg, der Profistürmer in der Serie A war, sowie zwei zusätzliche Athletiktrainings mit Oliver Schumbera. Da kam ich sehr oft auf zehn bis elf Einheiten pro Woche. Das wäre während des normalen Meisterschaftsbetriebs nicht möglich gewesen. So gesehen habe ich sicher profitiert. Dazu kam, dass wir beim BVB – auch dank eines strikten und funktionierenden Schutzkonzepts – in der U19 völlig normal weiter trainieren konnten, also auch Vollkontakt, was nur zwei weiteren Bundesligisten in unserer Gruppe erlaubt war.  

Hat der Wechsel von Nachwuchstalent Moukoko zu den Profis Auswirkungen auf deine Entwicklung?
Es ist einfach eine weitere Bestätigung, dass Du beim BVB Deine Chance bekommst, wenn Du Dich richtig reinhängst und die Qualität hast. 

Hat der Trainerwechsel bei den Profis für deine Zukunft eine Bedeutung?
Die Entscheidung mich zu verpflichten, wurde ja zwischen Nachwuchsleiter und strategischer sportlicher Leitung getroffen. Da ist bei so jungen Spielern der Cheftrainer der 1. Mannschaft normal nicht involviert. Zumal mein Entwicklungsplan für die Profimannschaft ein mittel- bis langfristiger ist und da kannst Du im schnelllebigen Fussballgeschäft nicht mit einem spezifischen Trainer planen. Ich hatte mit Herrn Favre ein gutes Einvernehmen und als ich diesen Herbst ein paar Tage mit den Profis trainieren durfte, merkte ich schon ein gewisses Interesse und er kam auch mal rüber zum Nachwuchs, um Spiele und Trainings zu beobachten. Dabei tauschten wir uns auch in Einzelgesprächen aus. Die DNA des BVB wird sich mit dem Trainerwechsel nicht ändern. Man wird auch weiterhin auf Jungs aus dem eigenen Nachwuchs bauen.

Wie war das bei den Profis?
Es war fantastisch, enorm motivierend. Die jungen Spieler werden beim BVB von den Profis toll aufgenommen. Bis ich mit ihnen mittrainieren durfte, musste ich allerdings drei Tage allein mit einem Trainer trainieren und drei negative COVID-Tests abgeben. An das Tempo musste ich mich am 1. Tag noch gewöhnen, und dann konnte ich mich ab dem 2. Tag schon gut integrieren und sah bei internen Matches, dass ich auch bei den Profis Tore und Assists machen kann. Aber man muss als Nachwuchsspieler schon immer über 100% geben, um mitzukommen. Das Feedback, das unser Talentmanager Otto Addo erhalten hatte, war gut und ich wusste nach diesen Einheiten, woran wir noch arbeiten müssen. Aber es wurde mir auch bewusst, dass es wirklich möglich sein wird, auf diesem Niveau zu bestehen. Ich bin sehr dankbar, dass mir der Verein diese Chance gegeben hat. Einziger Wermutstropfen war, dass mein Debut in der 1. Mannschaft nicht stattfinden konnte, weil beim Testspielgegner RSC Anderlecht ein Spieler an COVID erkrankt war und das Spiel abgesagt werden musste. Aber das kommt schon noch.    

Wie sieht die konkrete Planung beim BVB bei dir aus?
Ziel des Vereins ist es, dass ich in den nächsten 1 ½ Jahren den Sprung in die Profimannschaft des BVB schaffe. Der Weg dahin kann unterschiedlich verlaufen. Es kommt drauf an, wie ich mich entwickle und wie schnell. Dann ist auch noch entscheidend ob und wann oben auch Platz für einen Stürmer ist.     

Wie sieht deine Vision aus?
Für mich als Spieler kann es natürlich nicht schnell genug gehen, aber das kann ich nur durch harte Arbeit beeinflussen. Ich möchte mit dem BVB Titel gewinnen und dabei einen grossen Beitrag zu diesem Erfolg leisten. Zunächst aber liegt mein Fokus in der U19 und am persönlichen Feinschliff.    

Du hast jetzt Ferien in der Winterpause. Wie überbrückst du die Pause?
Ich verbringe die drei Wochen Pause in der Schweiz, vorwiegend daheim in Knonau. Physisch habe ich mir drei bis vier Tage Ruhe gegönnt, aber dann ging es gleich wieder los mit Läufen, Krafttraining, Stabi- und Beweglichkeitsübungen.

Du trainierst im Moment auf der Anlage deines ersten Vereins, dem SC Cham. Ist das Training Teil deiner Hausaufgaben des BVB oder rein freiwillig?
Ich mache die vom BVB erstellten Hausaufgaben und freiwillige Extraschichten. Wenn Du weiterkommen willst, musst Du immer mehr machen, als verlangt ist. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit beim SC Cham herzlich bedanken, dass ich in den letzten Jahren immer wieder die Möglichkeit erhielt, meine Einheiten im Eizmoos zu absolvieren.    

Was sind die Inhalte und Ziele?
Das ganze Programm mit Ausnahme der taktischen Schulung. Also Grundlagenbereich, Ausdauer, Kraft, Technik, Abschlüsse, Laufwege, Spritzigkeit etc. Ziel ist es, dass ich am 6.1.2021 in Top-Verfassung ins Mannschaftstraining einsteige.      

Wer ist für das Programm und die Qualität verantwortlich?
Prinzipiell ist jeder Spieler für die Umsetzung seiner Trainings verantwortlich. Das Programm wurde von unserem Athletiktrainer Oliver Schumbera basierend auf meinen individuellen Bedürfnissen zusammengestellt, der es meinem Personaltrainer Björn Schulz – mit dem ich, seit ich 11 Jahre alt bin, zusammenarbeite – schickte. Björn Schulz überwacht die Qualität der Einheiten, korrigiert mich wo notwendig und rapportiert Oliver Schumbera regelmässig über meinen Trainingsfortschritt.      

Letzte Woche hast du in der Lenzerheide mit der ehemaligen Schweizer Champions League-Ikone von Juventus Turin und dem langjährigen Captain der Schweizer Nationalmannschaft, Stephan Lichtsteiner, trainiert. Wie kam es zu dieser Partnerschaft?
Stephan Lichtsteiner ist der Bruder meines Beraters und Freundes unserer Familie, Marco. Vor ein paar Monaten trainierte Stephan zudem einige Tage mit meinem Personal Trainer Björn Schulz. Dabei entstand sehr rasch gegenseitiger Respekt und Wertschätzung. So entstand dann die Idee für diese Zusammenarbeit.      

Was waren die Ziele und Inhalte?
Ziel war, dass ich vom Erfahrungsschatz eines 7-fachen italienischen Meisters profitieren kann, der zudem 2 Mal im Champions League Final war, die Coppa Italia gewann, 108 Länderspiele für die Schweiz bestritt – inklusive WM- und EM Teilnahmen - und gegen die besten Stürmer der Welt gespielt hat. Wir haben vor allem im Grundlagenbereich und Kraft trainiert, darunter auch knackige Bergläufe. Es ist unheimlich, wie fit Stephan nach seinem Karriereende ist. Körperliche Fitness ist sein Credo und er lebt auch entsprechend, um das beizubehalten. Ein echtes Vorbild. Wir haben uns auch über diverse mentale Herausforderungen auf dem Weg zum Profi unterhalten, über Taktik, was Verteidiger nicht gerne haben, etc. Es ist ein grosses Geschenk, dass ich von einem Mann lernen darf, der diesen harten Weg gegangen ist und so erfolgreich war. Stephan gab mir viele gute Tipps und ich freue mich und bin dankbar, dass wir auch weiterhin gemeinsam trainieren werden wenn es sich ergibt und ich ihn um Rat fragen darf. Stephan’s Coaching war übrigens top; er kann gut und praxisbezogen erklären und macht das Umsetzen der Instruktionen für einen Spieler sehr einfach.           

Als ehemaliger Juniorentrainer hast du inzwischen eine grosse Fanschar bei den Chamer Fussballjunioren, deren Eltern und vielen Vereinsmitgliedern. Hast du einen Tipp für die kleinen Nachwuchsfussballer, die dir nacheifern?
Für «grossartige» Tipps von mir, muss ich erst den Sprung in den Profibereich machen und dort erfolgreich sein. Was ich aber sagen kann ist: «Lasst Euch nie sagen, dass Ihr das nicht schaffen könnt, lasst Euch nie Eure Träume nehmen. Arbeitet hart und habt Spass dabei. Verliert Euer Ziel nie aus den Augen. Hört nicht auf die Nein-Sager.» In der Schweiz werden Dir gerne als erstes gleich mal die Statistiken vor die Nase gehalten, wie viele Talente es nicht schaffen. Ich weiss nicht, ob das besonders motivierend ist. Mich interessiert nur, wie viele Fussballer in den Profiligen spielen und ihr Hobby zum Beruf machen konnten. Das sind tausende in Europa, allein in Deutschland sind das zum Beispiel 1500 Spieler. Irgendwer muss es schaffen. Warum nicht ich? 

Text, Interview: André Dommann
Fotos: André Dommann und Thomas Fink (Archiv)